Können Sie Grenzen setzen und „Nein“ sagen?
Glückwunsch, wenn Sie jetzt mit „Ja, das kann ich“ geantwortet haben. Vielen Menschen fällt es schwer, sich abzugrenzen, „Nein“ zu sagen und sich und die eigene Gesundheit dadurch zu schützen. Mit der Zeit kann mangelnde Abgrenzung emotional sehr belasten, zu Erschöpfung und Burnout führen.
Als Verfechterin der Burnout-Prävention stehe ich dafür, es so weit erst gar nicht kommen zu lassen. Deshalb möchte ich heute vermitteln, weshalb Grenzen zu setzen so extrem wichtig ist für die eigene emotionale Gesundheit.
Die häufigste Ursache, wenn wir andere Menschen unsere Grenzen überschreiten lassen, ist die Angst vor Ablehnung. Als soziales Wesen wollen wir anerkannt und geliebt werden. Setzen wir nun eine Grenze, könnte dies durch unser Gegenüber mit Enttäuschung oder Ablehnung bestraft werden. Aufgrund unserer Erziehung können aber auch veraltete Grundüberzeugungen in uns verankert sein, uns selbst nicht so wichtig zu nehmen. Wir sollen zuerst nach dem Wohlbefinden der anderen schauen und erst dann für uns sorgen. Diese alten Glaubenssätze halten uns davon ab, gesunde Grenzen zu setzen. Im beruflichen Kontext ist Grenzen setzen oft mit der Angst verbunden, eine schlechte Beurteilung zu bekommen und damit eine Karrierechance zu verpassen oder andere zu enttäuschen. Auch das schmeichelnde Gefühl, wichtig zu sein und gebraucht zu werden, lässt uns oft über unsere Grenzen hinaus gehen, indem wir ein Arbeitspensum annehmen, das wir gar nicht mehr bewältigen können.
Welche Grenzen gibt es?
Grenzen gibt es in allen Bereichen. Im privaten Bereich
gibt es Grenzen in der Partnerschaft, in der Familie
und im Freundeskreis. Jeder Mensch hat ein Recht auf eigene Gedanken, eigene Gefühle, eigene Ansichten und Interessen, die vom Partner, anderen Familienmitgliedern oder Freunden respektiert werden sollten.
In der Praxis verhält es sich aber so, um hier einige Beispiele zu nennen, dass ein Ehemann die Ansichten und Meinungen seiner Ehefrau belächelt und sie sich dadurch nicht ernst genommen fühlt. Eine Beziehung, die nicht auf Augenhöhe und von gegenseitigem Respekt geprägt ist und in absehbarer Zeit zu Lasten der emotionalen Gesundheit geht. In einem anderen Beispiel werden Familienangelegenheiten über eine Person ausgetragen, anstatt direkt miteinander zu sprechen und zu klären. Und alternde Eltern wollen ihren seelischen Ballast über Krankheiten bei ihren Kindern loswerden und rufen zu jeder Tages- oder Nachtzeit an.
Vermutlich sehen Sie schon, dass solches Verhalten für die betroffenen Personen sehr belastend ist, wenn keine klare Grenze kommuniziert wird.
Im beruflichen Kontext
geht es oft darum, sich vor ungewollter Mehrarbeit, die eine hohe Belastung
darstellt und durch Vorgesetzte oder Kollegen übertragen wird, zu schützen. Sagen wir aus Höflichkeit oder aus Angst vor Ablehnung immer ja, obwohl die Arbeit kaum zu bewältigen ist, dann wird diese Mehrarbeit früher oder später zum Ausbrennen führen. Es zeugt von Stärke, die eigenen Grenzen zu kennen und klar zu kommunizieren – auch wenn es nicht leicht ist, regelmäßig pünktlich in den Feierabend zu starten, während die Kolleginnen und Kollegen noch ein paar Stunden weiterarbeiten. Diese haben eben andere Prioritäten im Leben und das ist auch in Ordnung.
Weshalb ist das Grenzen setzen können so wichtig für uns?
Jeder Mensch hat seine eigenen Werte. Diese gilt es zu erkennen und für sie einzustehen. Wenn wir etwas tun sollen, das gegen unsere Wertevorstellung spricht, dann handeln wir nicht einvernehmlich mit unserer inneren Überzeugung. Um uns selbst treu zu bleiben, müssen wir lernen, auch einmal „Nein“ zu sagen. Klarheit über die eigene Wertvorstellung ist dabei wichtig und Klarheit in der Kommunikation hilft dem anderen, den eigenen Standpunkt zu verstehen.
Gesunde Grenzen zu setzen ist Ausdruck einer gesunden Selbstliebe
und Selbstfürsorge, da rechtzeitig Energieräuber ausgeschaltet werden. Es geht gar nicht darum, nicht mehr für andere da zu sein oder nicht mehr zu helfen, wenn wir gebraucht werden. Es geht darum, die persönlichen Grenzen zu erkennen und wahrzunehmen, sobald das Verhalten anderer Kräfte raubt und belastet.
Für diese Erkenntnis ist eine gesunde und geschulte Wahrnehmungsfähigkeit sehr wichtig (siehe dazu meinen Blogartikel
„Wahrnehmung: Der Körper kennt den Weg“). Sobald ich wahrnehme, dass ein Verhalten – egal ob privat oder beruflich – anfängt mich zu belasten, dann ist es sehr wichtig, den eigenen Raum einzunehmen ohne Angst vor Folgen und eine klare Grenze zu ziehen durch eine freundliche, aber klare Kommunikation. Vielleicht reagiert das Umfeld mit Unverständnis, weil es diese Reaktion von uns nicht kennt. Hier helfen, Konsequenz und die Enttäuschung der anderen einfach auszuhalten. Anfänglich kann dies etwas unangenehm sein, aber das „mehr“ an Energie, das uns dadurch zur Verfügung steht und das gesunde Gefühl, uns selbst treu zu sein, belohnen uns dafür.
Geben Sie Burnout keine Chance!
Ihre
Corinna Wiß
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